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Rheinmetall will Panzer in der Türkei bauen

Hochmodernes Kriegsgerät von Rheinmetall
Um möglichen Exportbeschränkungen zu entgehen, plant der Rüstungskonzern Rheinmetall gemeinsam mit der neuen türkischen Tochterfirma RBSS den Bau einer Panzerfabrik in der Türkei.

Demnächst soll die Produktion anlaufen, denn der Konzern sucht bereits über eine Online-Anzeige Führungspersonal für die Entwicklung und Produktion an den Standorten Istanbul und Izmir. (1)

Die gravierenden Menschenrechtsverletzungen in der Türkei verhindern offensichtlich nicht, dass das Land durch bundesdeutsche Firmen weiter aufgerüstet wird. Der Rüstungsexportbericht für das erste Halbjahr 2016 offenbarte für die Türkei eine Steigerung der Waffenexporte auf 76,4 Millionen Euro. Damit rückte das Land von Platz 25 auf Platz 8 vor. (2)

Die Genehmigungspraxis kann also nicht als restriktiv bezeichnet werden, auch wenn es immer wieder von Seiten der Regierung behauptet wird. Dabei wird der Bundesregierung nicht entgangen sein, dass die Repressionen auf die kurdische Bevölkerung in der Südost-Türkei darin gipfelten, dass türkisches Militär schweres Kriegsgerät in den Städten gegen die Zivilbevölkerung einsetzte. (3)
Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid al-Hussein aus Jordanien, beklagte über sein Büro erst vor kurzem die „exzessive Gewalt“ mit der die türkische Armee in den kurdischen Gebieten der Türkei vorgehe. (4)

Nach dem Putschversuch gegen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zogen die Repressionen im ganzen Land weiter an. Zehntausende Menschen wurden aus dem Öffentlichen Dienst entlassen. Bürgermeister, Journalisten, Richter und Anwälte kamen aufgrund ihrer politischen Meinung in großer Zahl in die Gefängnisse. Die FAZ berichtete von 40.000 Festnahmen. (5)
Human Rights Watch gab an, dass allein 5400 Politiker der prokurdischen Partei HDP seit dem Putschversuch verhaftet wurden.

Im Zuge der Volksabstimmung zur Einführung eines neuen Präsidialsystems kommt es nun erneut zu Massenverhaftungen. Am 20. März 2017 berichtete ntv, dass in der vorhergehenden Woche mehr als 2000 Menschen festgenommen wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Kontakt zu Extremisten zu haben. (6)

Wie kann es sein, dass ausgerechnet in einem Staat, der die Menschenrechte derartig mit Füßen tritt, eine Panzerfabrik mit einem deutschen Unternehmen entsteht?

Der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken (Die Linke) stellte, bezüglich der Rüstungsexporte in die Türkei, eine Anfrage, die vom Wirtschaftsministerium beantwortet wurde. Die Bundesregierung hat demnach seit Anfang 2016 insgesamt elf Rüstungsexporte ins Nato-Partnerland Türkei abgelehnt. Es ging dabei um Anträge der Rüstungsindustrie zur Lieferung von Handfeuerwaffen, Munition sowie Komponenten für andere Rüstungsgüter. Weiter wird in der Antwort ausgeführt, dass Berlin seit dem Putschversuch vom Juli 2016 zurückhaltender geworden ist, weil es die Sorge gibt, die Waffen könnten in der Türkei zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung „im Kontext interner Repression oder des Kurdenkonflikts“ eingesetzt werden. (7)
Auch der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold plädierte im Dezember 2016 für weniger Rüstungsexporte in die Türkei. Vom Wirtschaftsministerium sollen diese Exporte mit einer sehr restriktiven Haltung geprüft werden.

Rheinmetall hat nun einen anderen Weg gefunden, der Genehmigungspflicht zu entgehen, damit die Geschäfte nicht blockiert werden.
Der Stern schreibt: Der für das geplante Gemeinschaftsunternehmen zuständige Rheinmetall-Manager Andreas Schwer hatte sich bereits im Sommer 2016 in einem Interview mit einem in der Türkei erscheinenden Branchendienst ausführlich zu dem geplanten Geschäft geäußert. Schwer klagte über die "zunehmend rigiden Exportkontrollregimes", die in Ländern wie Deutschland greifen. Rheinmetall-Produkte ließen sich daher kaum noch aus Deutschland "in strategische Wachstumsregionen wie den Nahen Osten exportieren".
Weil das Unternehmen dennoch "das volle Spektrum der Fähigkeiten und Technologien" der Rheinmetall-Gruppe anbieten wolle, beschreite man einen anderen Weg: Das, was man nicht exportieren könne, entwickle man einfach vor Ort neu. Rheinmetall sei dafür bereit, in die Schaffung "neuester Technologie" auch in der Türkei zu investieren.

Ein Manager von Rheinmetall versicherte im Sommer 2016, dass seine Firma sich bei einem möglichen Technologietransfer strikt an die gesetzlichen Vorgaben halten werde und insbesondere die Maßgaben des deutschen und europäischen Außenwirtschaftsrechts beachten werde.

Aus friedenspolitischer Sicht ist klar, dass es sich hier um eine Gesetzeslücke handelt. Die Möglichkeit des Technologietransfers ist noch viel bedenklicher, als die Rüstungsexporte es ohnehin schon sind, da sich die Produktion von Kriegsgerät in den Empfängerländern jeglicher Kontrolle entzieht.

Birgit Malzahn
Kassel, den 22. März 2017

Zur Unterschriftenliste: Nein zur Panzerfabrik in der Türkei!

Appell von campact unterzeichen!


Quellen:

1- https://correctiv.org/recherchen/stories/2017/03/09/deutsche-panzer-fuer-erdogan/

2- http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Aussenwirtschaft/ruestungsexport-zwischenbericht-2016.pdf?__blob=publicationFile&v=12

3- Michael Enger und Uwe Ahlborn, http://www.kasseler-friedensforum.de/158/vortraege/Reportage-aus-den-kurdischen-Gebieten-Diyarbakir-Silopi-und-Nusaybin/

4- http://www.stern.de/wirtschaft/news/rheinmetall-baut-panzer-in-der-tuerkei---der-absolute-wahnsinn--7367184.html

5- http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/tuerkei/mehr-als-40-000-festnahmen-in-tuerkei-nach-putsch-versuch-14393700.html

6- http://www.n-tv.de/politik/Neue-Verhaftungswelle-in-der-Tuerkei-article19755408.html

7- https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/brennpunkte_nt/article163057319/Regierung-blockiert-Ruestungsexporte-in-die-Tuerkei.html

8- http://www.stern.de/wirtschaft/news/rheinmetall-baut-panzer-in-der-tuerkei---der-absolute-wahnsinn--7367184.html

Ein weiterer Artikel zum Thema: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-04/rheinmetall-tuerkei-ruestung-panzer-fabrik-exporte?wt_zmc