Neuer Rüstungsriese Heute soll in Paris der Fusionsvertrag zwischen dem deutschen Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann und dem französischen Staatskonzern Nexter unterzeichnet werden
Von Jana Frielinghaus *
Es ist die Sparte, in der die deutsch-französische Freundschaft noch am besten funktioniert: die Rüstungsindustrie. Am heutigen Mittwoch soll es zur Unterzeichnung des Fusionsvertrages zwischen dem Münchener Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und seinem Pariser Rivalen Nexter kommen. Dies berichtete am Dienstag das Handelsblatt. Zuvor hatte bereits die französische Zeitung Le Figaro Details zur Vereinigung der Konzerne zum besten gegeben.
Mit dem Zusammenschluss entsteht eine Rüstungsschmiede mit fast zwei Milliarden Euro Jahresumsatz und rund 6.000 Beschäftigten. KMW und Nexter betrachteten ihre Allianz als »Nukleus« für eine weitergehende Konsolidierung in der europäischen Rüstungsbranche, um gegen die Konkurrenz aus den USA zu bestehen, hieß es bei Reuters. KMW hatte zuletzt über die restriktive deutsche Exportpolitik geklagt. Das Familienunternehmen setzt zunehmend auf Überseemärkte, da nach Meinung des Managements die Regierungen der EU-Staaten immer noch zu wenig Geld für Neuanschaffungen locker machen.
Nexter befindet sich bislang im alleinigen Besitz der französischen Staatsholding GIAT. Daher findet die Vertragsunterzeichnung im Pariser Verteidigungsministerium statt, das dazu für den späten Nachmittag die Presse eingeladen hat. Auf deutscher Seite werden Vertreter der KMW-Eigentümerfamilie Bode das Papier signieren. Den Berichten zufolge soll eine Holding niederländischen Rechts mit dem vorläufigen Namen »Newco« gegründet werden. Laut Handelsblatt muss die französische Regierung noch ein gerade beschlossenes Gesetz über Wirtschaftsreformen veröffentlichen, ehe die Fusion endgültig abgeschlossen werden kann. Bestandteil des Gesetzes ist die Privatisierung von Nexter. Außerdem sei die Zustimmung der Kartellbehörden beider Länder nötig.
Die Vereinigungspläne sind bereits seit Mitte 2014 bekannt. Daher mutet es seltsam an, dass die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, just vor dem endgültigen Vollzug Bedenken anmeldet. Der Zusammenschluss dürfe »unter keinen Umständen dazu beitragen, dass über Umwege noch mehr deutsche Waffen in Länder gelangen, die die Menschenrechte mit Füßen treten«, sagte sie der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstagsausgabe). Gegen Exporte in »Partnerstaaten« wie die USA oder in EU-Länder haben die Grünen – wie die großen Kirchen in Deutschland – nichts einzuwenden. Brugger forderte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, die Fusion zu verhindern. Er müsse dafür sorgen, dass kein »Ausverkauf der deutschen Rüstungsexportrichtlinien« erfolge.
Gabriel könnte den Deal noch untersagen, wenn er Sicherheitsinteressen Deutschlands gefährdet sieht. Dies dürfte jedoch nicht der Fall sein. Sein Ressort hatte mit Blick auf die bevorstehende Elefantenhochzeit lediglich gefordert, für die Produkte des neuen Konzerns müssten weiter die »restriktiven« deutschen Rüstungsexportregeln gelten.
Dass von der Bundesregierung keine grundsätzlichen Einwände zu erwarten sind, macht ein rüstungspolitisches Strategiepapier deutlich, das am 8. Juli vom Kabinett verabschiedet wurde. Man setze »verstärkt auf eine europäische Zusammenarbeit bis hin zum Zusammengehen von in einzelnen Mitgliedsstaaten ansässigen Unternehmen unter Wahrung der nationalen Interessen«, heißt es darin. Am selben Tag hatte Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch vor dem Zusammengehen der beiden Firmen gewarnt: Die Bundesrepublik verliere ihren »Spitzenplatz« in der Branche damit »unwiederbringlich«, und der »Leopard der Zukunft« würde »ein Franzose«, schrieb er. Der Kampfpanzer »Leopard« ist das prestigeträchtigste Produkt von KMW, das französische Pendant heißt »Leclerc«.
* Aus: junge Welt, Mittwoch, 29. Juli 2015