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„Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“ Was bedeutet das für die deutsche Außen- und Innenpolitik?

Nachdem die Demonstration der Jüdischen Stimme im Oktober verboten wurde, stellte sich Iris Hefets allein auf die Staße und wurde von der Polizei verhaftet, https://www.startpage.com/sp/search
Zum Nachhören: Attac-Radio am 12./13.Dezember „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“

Fünf Thesen aus der Diskussionsveranstaltung vom 30. November 2023

These 1: Ich zweifle daran, dass es bei der deutschen Staatsräson um die Sicherheit der israelischen Bevölkerung geht, es geht auch nicht um eine Verantwortung gegenüber der Vernichtung des europäischen Judentums. Nein, darum geht es nicht: Rudolf Dreßler, SPD, deutscher Botschafter in Israel 2000-2005, hatte schon 2005 geschrieben: „Die gesicherte Existenz Israels liegt im nationalen Interesse Deutschlands, ist somit Teil der deutschen Staatsräson“ Es geht also nicht um Moral, um ethische Verpflichtungen aus der deutschen Vergangenheit heraus, sondern um „ nationale Interessen der Bundesrepublik Deutschland“, die verlangte „bedingungslose Unterstützung Israels“ ist an erster Stelle für Deutschland von Nutzen.

These 2: Dieses besondere Verhältnis zu Israel ist so nützlich, dass Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, Kriegsverbrechen, die Israel in Gaza begeht, rechtfertigt werden und schon seit vielen Jahren alles hingenommen wird, was Israel der palästinensischen Bevölkerung antut. Denn „Staatsräson, also das nationale Interesse“ wiegt mehr als Völkerrecht, Grundrechte, Menschenrechte.

These 3: Worin besteht der Nutzen für Deutschland: Kurzer Blick in die Vergangenheit: Deutschland lag nach dem 2. Weltkrieg am Boden. Die Wehrmacht, die Waffen SS, die Nazis hatten so viele Verwüstungen und Tote in ganz Europa hinterlassen – die Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden nur ein Teil davon -, dass sich niemand mehr vorstellen konnte, dass dieses Land wieder ein gleichberechtigtes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft werden könnte. Aber dann brach der Systemgegensatz zwischen dem kapitalistischen Westen unter Führung der USA und dem sozialistischem Lager auf und man brauchte Deutschland wieder als Aufmarschgebiet gegen die Sowjetunion, als Frontstaat gegen den Osten, als florierenden Industriestandort. Und die Hürde, dass die Nazis auf brutalste Art und Weise für die Shoa verantwortlich waren, wurde schnell überwunden. Schon 1952 verpflichtete sich Deutschland zur sogenannten Wiedergutmachung durch Zahlungen an den Staat Israel, (3 Milliarden DM), meist in Form von Industriegütern: die Holocaustüberlebenden bekamen nur einen kleinen Teil davon (500 Millionen), der in Form von kleinen Renten an die Überlebenden ausgezahlt wurde. Adenauer war völlig klar: Wenn Deutschland erst einmal die Anerkennung von Israel hätte, dann wäre der Weg frei für Normalisierung bis hin zur Wiederbewaffnung. 1957 gab es Geheimverhandlungen zwischen dem damaligen Verteidigungsminister Strauß und Schimon Peres, die eine enge Rüstungs- und Verteidigungskooperation begründete, die bis heute anhält. 8 Jahre später die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Man brauchte die sogenannte Wiedergutmachung als eine Art „White-Washing“ – Entnazifizierung gelungen, Faschismus aufgearbeitet, vor einem erstarkenden Deutschland braucht niemand mehr Angst haben. So die Botschaft an die Welt!

These 4: Dieses White-Washing hatte für die Herrschenden auch noch andere positive Nebeneffekte. Ich behaupte, dass es auch dazu diente den Faschismus eben nicht aufzuarbeiten, bis heute nicht. Wer hatte ihn finanziert, wer profitierte davon? Wir wissen, dass schwerstkriminelle Nazis, z.B. der Bankier Abs, der zahlreiche Arisierungen durchgeführt hatte und im Vorstand der IG Farben saß, die Reparations- und Wiedergutmachungsverhandlungen leitete. So wie er besetzten führende Nazis wieder zentrale Posten im Nachkriegsdeutschland. Der Faschismus wurde reduziert auf den Holocaust: 27 Millionen Tote in der Sowjetunion kein Thema, die Belagerung von Leningrad kein Thema, die Beteiligung der deutschen Schwerindustrie kein Thema, die Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen kein Thema.

These 5: Sprung in die Gegenwart:
Die Rüstungskooperation mit Israel steht heute in voller Blüte. Auch Habeck begann seine von rechts bis links hochgelobte Rede vom 1.11. auf X mit den Worten „Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson“ Dazu gehöre auch militärischer Beistand. „Waffenlieferungen, die angefragt werden, werden erfüllt werden“. Staatsräson bedeutet eben auch profitable Rüstungsgeschäfte, aber besonders die Grünen sind in der Lage diesen Geschäften mit dem Tod eine humanitäre oder sogar feministische Weihe zu geben. Bekannt ist, dass bisher 6 U-Boote, die mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können, nach Israel geliefert wurden, (gebaut von TK in Kiel) ein Milliardengeschäft, von dem der deutsche Steuerzahler ein Drittel finanziert. Bekannt ist auch, dass es seit Jahren eine enge Ausbildungskooperation zwischen Bundeswehr und israelischer Armee gibt. Am 8. November schrieb die Süddeutsche Zeitung, dass es seit dem 7. Oktober eine Verzehnfachung der Rüstungsexporte nach Israel gegeben habe – im Vergleich zum Vorjahr. Bis zum 2. November gab es Ausfuhren im Wert von 303 Millionen Euro, im letzten Jahr in Höhe von 32 Mill. Euro. Deutschland bezieht aus seinem 100 Milliarden Sondervermögen aus Israel das israelische Luftabwehrsystem, aber auch bewaffnete Drohnen . Und – so erklärt die Süddeutsche – abschließend: „Hintergrund ist, dass Deutschland die Sicherheit Israels angesichts der Ermordung von sechs Millionen Juden durch Nazi-Deutschland zur Staatsräson erklärt hat:“
Bedeutsamer aber ist, dass Israel für den gesamten westlichen Imperialismus eine zentrale geopolitische Bedeutung hat. Denn Israel als einzige Atommacht im NO und mit einer der modernsten Luftwaffen ausgestattet, ist in der Lage den gesamten NO zu kontrollieren. Innenpolitisch sehe ich folgenden Grund: Die geforderte Solidarität mit Israel wird genutzt, um die deutsche Bevölkerung auf weitere Militärausgaben und damit verbundene soziale Opfer einzustellen, damit die Kriegstüchtigkeit wieder hergestellt werden kann. Und dazu braucht man auch die Repression im Inneren. Diese Entwicklung macht auch mir Angst, aber das wollen sie, dass wir aus Angst, unseren Widerstand aufgeben, dass wir schweigen, uns wegducken. Diese Angst können wir nur überwinden, wenn wir gemeinsam handeln – über politische Differenzen hinweg.

B.D. 30.11.23